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Es lassen

Foto: Eve Kohler
Foto: Eve Kohler

Meine Lieben,

Bisher habe ich mich mit Kommentaren zum Thema «Werbung für oder Imagekamagnen für die Pflege» zurückgehalten. Nur wenige finde ich wirklich gut, die meisten schiessen aus meiner Sicht weit am Ziel vorbei. Ich glaube auch nicht, dass Werbung und Kampagnen viel bringen. Vielmehr sollten alle sich darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass Pflege, das sein kann, was es ist: der schönste Beruf der Welt. Das ist auch der Grund, weshalb ich diesen Kampagnen nur wenig Beachtung geschenkt habe. 

Dennoch gibt es aus meiner Sicht Grenzen und diese wurde gerade überschritten. «Influence das Leben älterer Menschen. Mach jetzt Karriere in der Pflege», lautet der Slogan. Das Bild zeigt eine junge Pflegende, die einer älteren Dame etwas «vorschminkt». Mir ist fast das Handy aus der Hand gefallen, als ich diese Werbung gesehen habe.

Das ist nicht nur der grösste Quatsch, den ich gesehen seit langem gesehen habe, ich empfinde es als Rufschädigend. Impliziert sie doch zweierlei Dinge: schminken gehört zum Portfolio von Pflegenden und der Pflegeberuf ist ein möglicher ein Einstieg zur/ zum Influencer*in. Beides könnte falscher nicht sein.

Seit über 20 Jahren arbeite ich nun in der Pflege und noch nie, wirklich noch nie, habe ich eine Patient*in beim Schminken angeleitet. Weil die Prioritäten woanders liegen.

Zum Thema influencen. Ich wüsste gerne, wie die Schöpfer*innen dieser Werbung sich dieses «influencen» denn vorstellen? Selfies mit Verstorbenen? Reals während der Intimpflege? Life Stream, während ein dementer Mensch auf der Station herumirrt? Persönlichkeitsrechte, Intimsphäre und Datenschutz darüber macht sie hier offensichtlich niemand Gedanken. Ich male den Teufel an die Wand? In einigen unserer Nachbarländer sind genau solche oder ähnliche Dinge bereits geschehen. Ich denke nicht, dass wir das in die Schweiz exportieren sollten.

Mit so einem Slogan wird unter Vorspiegelung falscher Tatsachen für die Pflege geworben. Stellt sich die Frage wieso? Hat die Pflege wirklich so wenig zu bieten, dass etwas erfunden werden muss? Doch hat sie. Pflegeberufe sind vielseitig. Es benötigt technisches Flair, wenn es um die Bedienung verschiedener Geräte geht. Viel psychologisches Können ist ebenso gefragt, wie ein breitet physiologisches und pathophysiologisches Wissen. Der Beruf ist anspruchsvoll, kein Tag ist wie der andere. Nirgends kommt mensch anderen Menschen näher. Und die Einsatzgebiete sind unendlich vielfältig. Das alles sind sehr gute Gründe für die Pflege. Damit liesse sich doch prima Werbung machen. Ja, wenn da nicht noch etwas wäre. Der Fachkräftemangel nämlich, der wie eine dunkle Wolke über allem schwebt. Unangenehm ich weiss. Macht sich nicht gut in Werbung. In so genannter «Imagepflege» noch weniger.  Und weil dass so ist, wird einfach irgendetwas an den Haaren herbeigezogen. Etwas, das die junge Generation anziehen könnte. Diese Art von Werbung halte ich nicht für zielführend, ich empfinde sie als abwertend. Kurz, ich finde sie widerlich. Ich möchte so etwas nicht sehen.

 

Liebe Werbefachleute und Imagepflegende, wenn das alles ist, was ihr, hinkriegt dann lasst es lieber!

 

Patricia Tschannen

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Kommentare: 3
  • #1

    Verena Poestgens (Mittwoch, 20 März 2024 15:19)

    Liebe Patricia

    Vielen Dank für den sehr guten Beitrag! Das Bankwesen oder die Informatik so dermassen simpel und fachlich falsch dazustellen- passiert eher selten bis nie! Warum findet keine gesellschaftliche Empörung über solche Darstellungen statt, dass die systemrelevante Pflege mehr Würde, Achtung und Respekt verdient! Wer hilft in Krisensituationen, wer ist bei uns bei einem Unfall, wer gibt uns Auskunft über Palliative Care, Therapie und Anschlussmöglichkeiten. Die KI wird uns wohlmöglich nicht vor der nächsten Pandemie retten und die Rettungsschirme für die Banken gewährt nur wenigen Schutz…
    Pflege benötigt mehr als nur Applaus!

  • #2

    Markus (Mittwoch, 20 März 2024 18:44)

    Hey... liebe Freundin... richtig gut auf den Punkt gebracht hast Du das. Ich selber wurde mal von einem berüchtigten Musikjournalisten für eines meiner Lieder kritisiert: "Origineller Text... aber manchmal ist kein Reim besser als ein schlechter." Ich habe mir das zu Herzen genommen und schreibe seither mehrheitlich Prosa�.
    Curaviva? "Lieber keine Werbung als schlechte... unterirdische... und unreflektierte, die das mögliche Zielpublikum auf eine komplett falsche Fährte führt."

    Und noch etwas, liebe Patricia... Du hast sehr gut daran getan, bei Deiner kräftigen und klaren Sprache zu bleiben... und diesem läppischen Schmink-Aktivitäts-Influencerinnen-Klamauk von Curaviva nicht zu noch mehr Publicity zu verhelfen und das Bild nicht auch noch zu posten.

    Danke...

  • #3

    Therese Grossenbacher (Freitag, 22 März 2024 02:20)

    Liebe Patricia
    Danke für diese klaren Worte.
    Was sich da die Werbefachleute und Auftraggebende gedacht haben könnten für eine Beschreibung unseres Berufes, bleibt mir verborgen. Es zeigt jedoch, dass hier ein ungeschminktes Unwissen vorherrscht, was im Berufsbild Pflege so „abgeht“.
    Pflege ist einer der schönsten Berufe die es gibt. Menschennah, vielseitig, spannend, herausfordernd, bereichernd, erfahrbar, berührend, bildend, verantwortungsvoll… und Vieles mehr. Was dazu bewegen könnte, diesen Beruf zu erlernen, auszuüben und dabei zu bleiben, können genau diese Aspekte sein. Sicher sind es nicht Arbeitsbedingungen, die den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Teamkonstellationen die unhaltbar sind. Vorgesetzte die sich der Tragweite und Dimension ihrer Verantwortung nicht bewusst sind,Anforderungen an junge Auszubildende, die diesen nicht gerecht werden können und gnadenlos „verbrannt“ werden.
    Neues Denken ist gefragt, Ein hohes Engagement für die Pflege von Menschen. Den Mut aufzubringen, Kolleginnen und Kollegen zurechtzuweisen, wenn sie sich unethisch verhalten oder Unfrieden im Team stiften.
    Das lässt sich nicht „wegschminken“ Influenzen könnte ja noch hinkommen, da wo wirklich Einfluss genommen werden muss, im Sinne von Gutes tun, Missstände zu benennen, positive Projekte bekannt zu machen und Betriebe, Personen zu benennen, welche sich zu neuen Wegen und Erfahrungen aufmachen und bekennen.. zum Beispiel der ICN Ethikkodex gibt Werte vor, die es im Pflege-Alltag ernst zu nehmen und umzusetzen gilt!