«Arbeitsbedingungen, die Pflegende lange bei der Stange halten», unter diesem Titel führten die Kerngruppe SBK 60plus und die Gruppe Junger SBK des SBK Sektion Bern, ihre Tagung durch. Gerne teile ich mit euch meine drei persönlichen Erkenntnisse dieser spannenden Tagung.
Es reicht
Während des Vortrags von Elisabeth Michel – Alder, der bereits einige Anhaltspunkte bot, was denn einen Beruf attraktiv macht, wurde mir eins deutlich bewusst: Es reicht! Ich mag nicht mehr darüber diskutieren, ob die Situation in der Pflege schlimm ist oder nicht. Sie ist nicht nur schlimm, sie ist versch… Ich habe keine Lust mehr, mir irgendwelche Zahlen anzusehen, die mich irgendwie beruhigen sollen. Der Fachkräftemangel ist Fakt. Ich mag keine Zeit, und auch wenn es nur, ein paar Minuten sind, verschwenden, um an diesem Fakt herumzudeuteln. Ich will meine Zeit für Lösungen aufwenden.
Individualität
Bei der Auswertung der Gruppenarbeiten ist ein Wort immer wieder gefallen: Individualität. Um möglichst viele Pflegefachpersonen in der Pflege halten zu können, braucht es individuelle Lösungen und Angebote. Während eine Frischdiplomierte Pflegefachperson Begleitung im Rollenwechsel benötigt, sind für Eltern fixe Arbeitstag oder Halbtageseinsätze wichtig. Für Pflegefachpersonen 50+ kann es die Arbeitsqualität erhöhen, wenn sie nicht mehr alle Schichten arbeiten muss. Eine zentrale Frage muss also sein: Was brauchst du, um in der Pflege bleiben zu können.
Pioniergeist
Der Austausch mit anderen Pflegenden ist für mich immer wieder bereichernd. Es ist ermutigend, zu sehen, dass da ebenfalls Menschen sind, die trotz der schwierigen Lage nicht aufgeben. Und so hat sich am Mittwoch auch so etwas wie Pioniergeist im Hörsaal verbreitet. Ich bin der Überzeugung, dass die wirklichen Veränderungen im Kleinen beginnen werden. Wenn wir alle dort anfangen wo wir gerade sind, Neues ausprobieren und zulassen, werden wir die Pflege zu dem machen können, was es ist. Einer der schönsten Berufe der Welt.
Patricia Tschannen, Pflegefachfrau HF
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markus stadler (Dienstag, 29 November 2022 20:38)
Liebe Patricia
Ich sehe es wie Du. Es reicht. Auch ich habe die Schnauze voll von immer neuem Zahlenmaterial, das letztlich jahrfürjahrfürjahr dasselbe aussagt und den Horizont von absolut niemandem erweitert. Mich beschäftigt vielmehr das Thema der Individualität, das Du ja ebenfalls ansprichst. Seit Jahrzehnten besteht der Anspruch an Pflegedienst- und Stationsleitungen, die Teams den individuellen Gegebenheiten entsprechend einzusetzen. Nieder%ige Stellen für Familienfrauen und - männer. Angepasste Schichten für Ü50 Menschen etc. Die meisten (beileibe nicht alle...) Pflegefachpersonen mit Planungsverantwortung tun das auch. Wenn sie aber konsequent vorgehen und z.B. eine offene 50% Stelle in 2 x 25% Stellen umwandeln... gibt's eins auf die Nase. Vom HR oder so, das sich auf schwurblige innerbetriebliche Bestimmungen beruft, die Anstellungen unter 50 % geradezu untersagen. So leid es mir mittlerweile tut... eigentlich tut es mir nicht mal mehr leid... fährt sich unser Gesundheitswesen von selbst an die Wand. Zu einem nicht unwesentlichen Teil wegen weltfremden bürokratischen Reissbrett-Bestimmungen.
Patricia Tschannen (Dienstag, 29 November 2022 22:03)
Das ist genau das, was im Austausch auch herausgekommen ist. Es braucht jetzt individuelle Lösungen. Die Erwartung vieler Betriebe, dass Pflegefachpersonen 24/7 einsetzbar sein müssen, ist passé. Wer sein Personal halten will, muss da jetzt einen Schritt machen.